Lugano liegt am Luganersee (Lago di Lugano, italienisch Lago Ceresio) in der flachen Mündung des Baches Cassarate. Im Westen zieht sich der Hügelzug des Monte Bre entlang, Richtung Osten die sanften Hügel von Sorengo und Breganzona. Richtung Süden grenzt die Stadt direkt an den Luganersee. Die Altstadt befindet sich in diesem flachen Bereich dem See entlang.
Das Zeitalter der Eisenbahn begann in Lugano im Jahre 1874, als die Tessiner Talbahnen hier ihren Ausgangspunkt der Strecke nach Chiasso und Italien hatten. Der Bahnhof befindet sich seither rund 80 Höhenmeter oberhalb der Altstadt. 1882 folgte mit der weiteren Strecke über den Ceneri zum Gotthard die Inbetriebnahme der Gotthardbahn.
Zur besseren Anbindung des Bahnhofes mit der Altstadt wurde eine Lösung gesucht und gefunden in Form einer Standseilbahn.
1884erhielten Franz Bucher und Josef Durrer (Damals die Marktführer im Standseilbahnbau) die Konzession für den Bau und Betrieb einer Standseilbahn zwischen Lugano Citta auf der Piazza Cioccar und dem Eisenbahnknotenpunkt 50 Höhenmeter weiter oben. Bucher & Durrer begannen sogleich mit dem Bau.
Die Mechanik lieferte die Berner Firma Von Roll. Anfänglich wurde die rund 240m lange Anlage durch Wasserballast angetrieben. Dazu wurde der Wagen in der Bergstation in welchem sich ein Tank befand, mit Wasser gefüllt. Das so entstandene Übergewicht ermöglichte es, den Wagen von der Talstation zur Bergstation zu ziehen indem beide Wagen mit einem Seil verbunden sind. Der Talwärts fahrende Wagen mit Wasserballast musste nur gebremst werden. Dazu besass die Strecke eine Zahnstange. Am Wagen war ein Zahnrad angebracht, welches in dieser Zahnstange mitlief. Der Wagenführer konnte über eine Bandbremse den Wagen bremse. In der Talstation wurde das Wasser abgelassen und der leere Wagen in der Bergstation konnte wiederum mit Wasser befüllt werden und das ganze Spiel lief in die andere Richtung.
Die Bahn erfreute sich grosser Beliebtheit. Als erste Bahn überhaupt besass die Bahn eine Abt'sche Ausweiche von Roman Abt. Das System besitzt einen doppelten Spurkranz auf den Fahrbahn aussenseitigen Rädern und flachen Laufwalze auf den inneren Rädern. Dadurch ist ein automatisches Kreuzen über die Ausweichstelle in der Streckenmitte möglich ohne dass die Weichen mit beweglichen Teilen geschaltet werden müssen. Dieses System ist bis heute bei praktisch allen Standseilbahnen mit Ausweiche im Einsatz.
Die Strecke führt von der Talstation durch das Acquarello Hotel und einen Tunnel zur Ausweiche
In der Streckenmitte befindet sich auch eine Zwischenstation ehe die Bahn nach einer kurzen Brücke wieder im Untergrund verschwindet.
1896 erhielt Lugano eine Trambahn. 1909 folgte die Schmalspurbahn nach Tesserete welche ebenfalls durch die Standseilbahn erschlossen wurde. Ein Jahr später folgte die Schmalspurbahn vom Seeufer hinauf nach Cadro-Dino und schliesslich 1912 die Schmalspurbahn nach Ponte Tresa, welche ebenfalls bei der Bergstation der Standseilbahn startete.1913 wurde schliesslich die aussergewöhnliche Standseilbahn Angioli eröffnet. Diese leider stillgelegte Bahn besass nur einen Wagen und ein in einem Spannturm aufgehängtes Gegengewicht. Daneben wurden noch 3 weitere Standseilbahnen gebaut. 1890 die technisch interessante 2 Sektionen Bahn auf den Monte Bre und 1912 die beiden Sektionen zum Monte Bré.
Länger gab es Bestrebungen die Standseilbahn zwischen Stadt und Bahnhof zu elektrifizieren und zu modernisieren da sie die Hauptlast des innerstädtischen Transportes bewältigen musste und die Befüllungsdauer für einen Engeren Takt nicht reichte. 1954 wurde der Wasserantrieb durch einen neuen Elektroantrieb ersetzt und die Talstation rund 20m Richtung Berg versetzt.
10 Jahre später kam leider das grosse Bahn sterben. 1959 wurde das Tram eingestellt, 1967 wurde die Bahn nach Tesserete eingestellt und abgetragen. 1972 folgte der noch verbliebene Teil der Eisenbahn nach Cadro-Dino. Auch die Bahn nach Ponte Tresa sollte durch einen Bus ersetzt werden, soweit kam es zum Glück nicht. Der Bahn kam zu gute, dass sie keinen Strassenbahnabschnitt besass und so der Modernisierung nicht im Weg war. Wer heute in der Stosszeit nach Lugano will steht Stundenlang im Verkehrskollaps.
Von all diesen Bestrebungen war die Standseilbahn nicht betroffen. 1976 wurde sogar ein weiter Antrieb eingebaut um die Verfügbarkeit zu erhöhen. Jährlich befördert die Bahn Fahrgäste im Millionenbereich und war bis zum Bau der Skymetro am Flughafen Zürich die meist benutze Standseilbahn oder Seilbahn überhaupt in der Schweiz. 1988 wurde die Bahn ein weiteres mal modernisiert und die Motoren durch 2 neue gleichwertige Gleichstromantriebe mit Thyristor ersetzt. Die Bahn besitzt 2 redundante Steuerungen und Antriebsstränge.
2014 wird der Bahnhof Lugano dank der NEAT zu einem wichtigen Durchgangsbahnhof erweitert und um ein Geleise verbreitert. a die Konzession der Standseilbahn ausläuft, wird sie ab dem 1. Juli 2014 durch eine komplett neue Anlage mit 100er Wagen ersetzt. Die Bergstation soll noch etwas tiefer gelegt werden um Niveaugleich mit der Unterführung zu sein. Die Mittelstation bleibt bestehen bzw wird nur noch auf einer Seite bedient.
Seit 1886 beweist Lugano, dass Seilbahnen im urbanen Bereich ihre Daseinsberechtigung haben. Mit 2 Millionen beförderten Fahrgäste auf nur einer einzigen Anlage kann wohl jeden 6er Sessel neidisch werden.
Album: http://www.stahlseil.ch/gallery/main.ph ... emId=71662
Webseite: http://www.tplsa.ch/