27.2.2017 Auris en Oisans – hohe Erwartungen

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Chasseral
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27.2.2017 Auris en Oisans – hohe Erwartungen

Beitrag von Chasseral »

27.2.2017 Auris en Oisans – hohe Erwartungen

Nach dem genialen La-Grave-Tag am 26.2. (Sonntag) war eigentlich noch ein zweiter La-Grave-Tag vorgesehen. Die Tatsache, dass das Vallon Chancel sowie der komplette Bereich unterhalb 2400 m unter Schneemangel litten und wir das Vallon de la Meije recht intensov abgefahren hatten, brachte mich jedoch auf die Idee, meinen Kindern als „Kontrast“ mal ein Großskigebiet zu zeigen, zumal diese noch nie in einer richtig großen französischen Skistation waren. Zur Auswahl standen vom „Basislager“ La Grave aus Serre Chevalier, Les 2 Alpes und Alpe d’Huez. Serre Chevalier wäre mit seinen langen Waldabfahrten erste Wahl gewesen, wenn das Wetter schlechter gemeldet gewesen wäre. Bei der gemeldeten Sonne wollte ich jedoch höher hinaus. Les 2 Alpes war ursprünglich erste Wahl; die geschlossene Piste nach Mont de Lans ließ aber die erhofften 2000 Höhenmeter nicht zu, was ich als Einschränkung empfand. Prinzipiell wäre L2A mit seinen breiten Carvingpisten sicherlich ein Traum für meinen Sohn mit seiner Leidenschaft für Bodycarving gewesen. Von Alpe d’Huez versprach ich mir mit der langen Sarenne und der kultigen Tunnelpiste zwei Highlights, die auch bei den Kindern für Begeisterung sorgen könnten. Daher entschieden wir uns letztendlich für diese Variante, obwohl ich das Gebiet vom letzten Besuch her nicht unbedingt als mein Traumgebiet in Erinnerung hatte.

Also ging es um kurz vor halb 9 in La Grave los, und pünktlich zur Liftöffnung um 9h00 waren wir auf dem Parkplatz in Auris en Oisans. Den Kindern erklärte ich dort erst mal, dass es sich hier um eine kleine französische Skistation am Rand eines Skigebiets handele – was die Kinder völlig irritierte! Auf sie wirkten die Häuser und Lifte in Auris wie eine richtig große Station. Als sie dann kurze Zeit später auf Alpe d’Huez blickten, waren sie eines Besseren belehrt. Zum Einfahren wählten wir erst einmal den neuen Stangenschlepper „Col“, den es bei meinem letzten Besuch noch nicht gegeben hatte. Als nächstes schwebten wir dann über braune und grüne Hänge mit dem Auris-Express nach oben (und zum Schluss wieder nach unten). Die grüne „Gua“ hinunter in die Gorges verpassten wir irgendwie, so dass wir mit der AlpAuris-KSB nach unten und drüben wieder hinauf schweben mussten. Oben in Alpe d’Huez dann der Schock: Vor der Marmottes-1-KSB eine riesengroße Menschentraube! Meine Kinder hatten so etwas noch nie gesehen und waren frustriert. Die Wartezeit betrug dann auch gut und gerne 10 Minuten. Die französischen Ferien und die Krokusferien schlugen voll durch. Wartezeiten von mehr als 5 Minuten dann auch an der Marmottes-2-EUB und 5-6 Züge Wartezeit am Pendel-Funitel Marmottes 3. Das hob die Laune nicht gerade. Oben den Ziehweg rüber zur 4SB Galcier und hinauf in den Wind.

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^^ Blick vom Pic-Blanc-Gipfel

Wir fuhren die Buckelpiste hinunter zum Tunneleingang. Trotz offener Tür: Piste „fermée“. Ich fragte den Bediensteten, ob die Sperrung den ganzen Tag andauerte. Er antwortete, dass eventuell gegen 14h00 geöffnet würde. Also weiter die Sarenne hinunter, was das zweite Highlight hätte werden sollen. Die Tochter montierte die Helmkamera, um diese lange Abfahrt zu dokumentieren. Der Fahrspaß hielt sich freilich in Grenzen. Schon kurz unter der Herpie begann der Frühlingsfirn und die Piste war brutal voll von Leuten. Wenn man die unberührten Hänge von La Grave gewohnt ist, und muss dann um Menschenmassen kurven, kann man eigentlich keinen großen Spaß am Skifahren entwickeln. Die untere Hälfte ist ohnehin nur Ziehweg. Solche Ziehwege haben für meine Kinder noch den zusätzlichen Nachteil, dass sie mir gewichtsbedingt nicht davonfahren können, was sie auf steileren Pisten und Buckelpisten regelmäßig tun. Also aus den Gorges wieder hinauf nach Alpe d’Huez. Der Andrang hatte inzwischen etwas nachgelassen, und dieses Mal nahmen wir die TSD6 Romains, gefolgt vom DMC2. Nein – das ist zweifelsohne eine De-Lorean-Bahn und bedeutet nicht – wie oft irrtümlich vermutet - „Double Monocable“. ;)

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^^ Blick auf die Pic-Blanc-Bahn; „Tunnel“ war immer noch zu

Die Kinder verspürten inzwischen Hunger. Es war fast 12h00, und wir hatten in knapp 3 Stunden erst eine richtige Skiabfahrt gemacht! Sowas schafft man auch nur in Alpe d’Huez! Wir hatten sowieso vor, die schwarze „La Fare“ zu fahren. Also fuhren wir über die rote „Rousses“ zur Alpette ab und kehrten auf der noch leeren Terrasse der genialen „La-Grange-Hütte“ ein. Das Motto war: antizyklisch! Wir wollten essen bevor die Massen zum Essen kommen und Skifahren, wenn die Massen essen. Hat gut geklappt. Die Hütte ist wirklich super, aber teuer. Wir aßen jeder ein Panini und teilten und eine einzige 15-€-Pizza zu dritt.

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^^ Herrliche Hütte La Grange

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^^ Mittelstation Alpette

Dann wurde es skifahrerisch etwas spaßiger. Wir fuhren in den Montfrais-Sektor ab, um etwas aus dem belebten Zentrum zu fliehen. Hat gut geklappt. Bei relativ wenig Betrieb hatten wir einige spaßige Abfahrten an der TS4 Montfrais und dem Schlangestepper Montfrais 2. Hier konnte mein Sohn auch ab und zu Bodycarving praktizieren.

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^^ Abfahrt in den Montfrais-Sektor

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^^ dito

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^^ Schlangenstepper Montfrais 2

Dann eine richtig gute Aktion: Die schwarze La Fare bis zum tiefsten Punkt hinunter unterhalb Vaujany. Die Warnungen vor Wartezeiten an der Gruppenbahn per Schild am Pistenbeginn waren heute gegenstandslos. Wir waren völlig alleine auf der Piste, und die Kinder konnten nach Herzenslust hinunterbrettern. Immerhin kann man sich dort mangels Alternativen auch nicht verfahren. Auch der (Maschinen-)Schnee dort war sehr gut. An der Gruppenbahn waren wir auch fast alleine. Nur der Liftbedienstete hatte seine Last mit der widerspenstigen Tür, die er mittels einer langen Stange schließen musste. An der Talstation der Alpette-PB dann heftiger Wind. Hoffentlich würde das Skigebiet oben offen bleiben.

Also hinauf mit den drei Pendelbahnen Alpette, Rousses und Pic Blanc. Zusammen mit der Gruppenbahn überwindet man hier in (nahezu) einem Zug die atemberaubende Höhendifferenz von ca. 2200 Metern. Die Liftgesellschaft wirbt vollmundig mit den „plus grands denivelés du monde“. Das betrifft aber den konstruierten Fall der Addition der 4 höhnemeterintensivsten Abfahrten.

An der Station zum Pic Blanc hatten wir gesehen, dass – jetzt um 13h30 die ersten Menschen aus dem Tunnelloch kamen. Sonst wären wir nicht bis ganz oben gefahren. Wir sahen aber auch, dass die Leute kaum mit den Skiern vorwärts kamen, sondern fast nur auf dem Hosenboden saßen.

Oben wieder ein paar Fotos gemacht, und die Buckelpiste runter zum Tunneleingang gefahren. Helmkamera aufs Dach, und ab ins dunkle Loch! Am Ausgang dann krasse Pistensituation: 2 Meter breiter Weg tief als „Bobbahn“ in den Hang gefräst, mit 180-Grad-Kurve inklusivem 1 Meter hohen Absatz. Das hat vielen Leuten erheblichen Respekt eingeflößt. Dann die größte Schwierigkeit: zwei veritable, festgewachsene Felsen links und rechts in der Bobbahn mit weiterer Steilstufe von 50 cm. Die konnte man wirklich nur auf dem Hosenboden überwinden – bei angehobenen Skiern, wollte man sich nicht die Ski komplett ruinieren. Aber danach war richtiger Spaß in der Buckelpiste garantiert – für uns! Nicht für 80% der Skifahrer dort, die sich nur quälten und eigentlich nicht in eine solche Piste gehören. Warum tun sich die Leute das an? Kann ich nicht verstehen. Die meisten setzen sich alle paar Meter hin und machten – auf dem Hosenboden sitzend – Spitzkehren. Mein Sohn ging hier „richtig ab“. Er nimmt die Buckel mit einer Leichtigkeit und Geschwindigkeit, die auch mir fremd ist.

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^^ Tunnelpiste am Ende des ersten Buckelabschnitts nach Tunnelausgang

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^^ Tunnelpiste von weiter unten aus fotografiert

Die stylishe Tunnelpiste hatten wir mit Freude absolviert. Wir sind alle keine Konditionswunder und spürten etwas unsere Beine. Außerdem törnte uns etwas die Erwartung des Gewusels talwärts in Richtung Alpe d’Huez ab. So beschlossen wir bei der Auffahrt mit dem TS4 Lac Blanc, uns langsam auf den Rückweg in Richtung Auris zu begeben. Die Fahrt hinunter nach Alpe-d’Huez wurde ein lustiges Kurven durch den Frühlingsfirn und – mit dem gebotenen Abstand – um die vielen Skifahrer herum.

Erst hatten wir überlegt am Signal zu fragen, ob wir dort beim Stangentraining mitmachen können. Haben wir dann aber doch gelassen.
Dann mit der AlpAuris-Bahn wieder durch die Schlucht mit neuer Lust auf die attraktiven Buckelhänge an der Fontfroide unterhalb des Signal de l’Homme. Bei der Auffahrt sah man aber, dass zwischen den Buckeln überall der Grund raus schaut. Oben gab es auch ein entsprechendes Warnschild. Also haben wir oben erst mal die Landschaft genossen.

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^^ Blick von Signal de l’Homme auf La Meije, Girose-Gletscher und Dôme de la Lauze. Dort droben wären wir jetzt eindeutig lieber gewesen!

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^^ Krasse Berglandschaft vom Signal de l‘Homme

Nach kurzer Pause sind wir ein Stück weit die Buckelpiste am Fontfroide hinunter, dann aber abgebogen und zum Auto. Um kurz nach 15h00 hatten wir dann genug, und sind zurückgefahren nach La Grave.

Fazit: Wir hatten wettertechnisch einen tollen Tag, hatten viel Spaß im ruhigen Montfrais-Sektor einschließlich La Fare und hatten den Style der Tunnelpiste genossen. Trotzdem hat der Tag meine Kinder nicht „vom Hocker gerissen“. Der qualitiative „Absturz“ im Vergleich zu La Grave war doch zu heftig und die Menschenmassen zu „abtörnend“. Für meine Kinder kommt AdH in deren Skigebietsranking vom Spaßfaktor auch bei weitem nicht an deren aktuelle „Normalskigebiet-Referenz“ Adelboden-Lenk ran. Im Nachhinein hätte ein zweiter Tag La Grave mehr Spaß versprochen, und mit Sicherheit wäre auch Les 2 Alpes besser angekommen. Mir war es dennoch wichtig, denen auch mal diese Facette des Skitourismus erleben zu lassen.

Mein persönlicher Eindruck nach zwei Aufenthalten Alpe d’Huez: Die Hänge direkt um Alpe d’Huez sind hervorragendes Skifahrgelände, dasselbe gilt für Auris und Montfrais. Der Pic Blanc ist ein herausragender Skigipfel, und die Tunnelpiste ein echter Hit. Aber: Man hat das alles quasi „mit Gewalt“ zu einem Großskigebiet verbunden unter Einbeziehung weiterer Ortschaften und dabei Gelände erschlossen, das überhaupt nicht zum Skifahren geeignet ist. Ergebnis sind brachial in den Berg gehauene Pisten, die für das Touristenaufkommen viel zu schmal sind. Weiterhin konzentrieren sich in Alpe d’Huez einfach zu viele Unterkünfte auf engem Raum. Die Sarenne punktet mit ihren Daten, aber nicht unbedingt vom Fahrgefühl her. Daher gilt für mich: Alpe d’Huez Grande Domaine ist einfach nicht „mein Skigebiet“. Ist subjektiv, ist aber bei mir so. Serre Chevalier und vor allem Les Deux Alpes schneiden da bei mir besser ab.
Zuletzt geändert von Chasseral am 04.03.2017 - 17:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: 27.2.2017 Auris en Oisans – hohe Erwartungen

Beitrag von biofleisch »

Schöner Bericht. Leider habt ihr bei der Reihenfolge wirklich viel verschenkt. Der Tunnel ist (soweit mir bekannt) immer erst am Nachmittag geöffnet, weil die Buckel erst dann soweit weich geworden sind, dass nicht zu viele Unfälle passieren. Wenn man bei viel Andrang im Berger -Sektor startet, erst mal wieder Richtung Alpe d'Huez ab zu fahren und nicht gleich direkt auf den Gletscher hoch. Falls man doch schon ganz oben ist, sollte man nicht gleich die Sarenne komplett wieder runter fahren und statt dessen lieber die genialen Pisten und Freeridemöglichkeiten ganz oben ausnutzen.
Die Abfahrt nach Vaujany war auch immer meiste liebste und eigentlich immer leer. Einzige Wermutstropfen die gähnend langsame und öde Gruppengondel.
Auch sehr schön wäre am Ende ein Abstecher nach Maronne gewesen - dort auch ein kleines Restaurant - sieht aus wie bei Tante Erna.
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Re: 27.2.2017 Auris en Oisans – hohe Erwartungen

Beitrag von Chasseral »

Nach Maronne wäre ich auch gerne abgefahren - schon beim letzen Mal - weil ich die kleinen Ecken von großen Skigebieten am liebstan mag. Ich wusste aber nicht, ob die Piste bei den dürftigen Schneeverhältnissen in der Ecke vom Schnee her lohnend wäre.
Außerdem hatten meine Kinder um 15h00 keinen Bock mehr. Für meinen 12jährigen Sohn war es der 28. Skitag der Saison, meine Tochter hatte vielleicht 2-3 weniger. Da hat bereits ein kleiner "Abstumpf-Prozess" eingesetzt.

biofleisch hat geschrieben:... Leider habt ihr bei der Reihenfolge wirklich viel verschenkt. ...
Das Gefühl habe ich auch. Ich hatte noch nie im Leben annähernd so stark den Eindruck wie an diesem Tag, dass wir furchtbar viel Lift gefahren sind, aber nur wenig Abfahrten gemacht haben.
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